Du brennst so heiß wie ein Vulkan ♪♫♪

Am nächsten Morgen packte ich noch vor Morgengrauen meine Sachen und fuhr los. Nach den Erfahrungen der letzten Tage wollte ich an diesem nicht so viele Kilometer in der Sonne fahren. Besonders, da ich mir mal wieder nicht den leichtesten Weg, sondern die Landstraße ausgesucht hatte, die mitten durch die Berge nach Caltabellotta führt.

Nach wenigen Kilometern war ich aber schon am Ende meiner mentalen Kräfte. Entweder lag es an den paar Tagen Pause, die  mich so außer Form gebracht haben, oder  an der Hitze oder vielleicht auch an der Migräne der letzten Tage. Auf jeden Fall brauchte ich viel länger als ich eigentlich wollte und obwohl die Aussicht auf die Gipfel und auf das Meer so schön war, konnte ich mich für die letzten Höhenmeter nicht mehr zusammenreißen und bog vor Caltabellotta links ab, den Berg wieder herunter.

Die Schmerzen im Kopf fingen schon langsam an, mir die Tränen in die Augen zu drücken und jeder Höhenmeter auf der Landstraße machte es noch schlimmer. Genauso unnachgiebig drückte mir die Sonne auf den Kopf und exponenzierte die Schmerzen um ein vielfaches.
Es half nichts. Keine zwei Kilometer nach San Carlo, bog ich mitten in einen Olivenhain ab, egte mich in den Schatten und versuchte so still zu liegen, dass sich nicht mal mehr die Pupillen bewegen und fluchte innerlich über jedes Insekt, dass es wagte, mit unsäglich lautem Brummen, auch nur im entferntesten in Hörweite zu kommen. 

Als die Schmerzen nach fünf Ibus und zur Abenddämmerung besser wurden, versuchte ich irgendwie, auf den ackerhaften Furchen des Olivenhains mein Zelt aufzubauen. Irgendwann stand es zwar und ich konnte mich hinein… Nein! Ich nenne es nicht Legen, aber ich war irgendwie in liegender Position und quälte mich dazu, endlich Schlaf zu finden.

Am nächsten Morgen waren die Schmerzen im Kopf wie weggeblasen und fast sogar vergessen, Dafür tat mir der Rücken weh. Aber was gibt es besseres gegen Verspannungen als Fahrradfahren? Also rauf auf den Sattel und es ging wieder los.  

Ich kam an diesem Tag auch gut voran und machte erst einen kurzen Stopp des Staunens, als meine Kartenapp, mich durch die verwinkelten Gassen von Chiusa Sclafani führte. Ganz schmale Straßen, enge Kurven und Kopfsteinpflaster führten mich steil bergauf, sodass ich wirklich mal wieder absteigen und schieben musste.

Auf der folgenden Höhenstraße schloss ich mich kurzerhand einer Gruppe Rennradler an, mit denen ich zusammen bis nach Campofiorito durchzog. Sicherlich haben sie für mich ordentlich auf die Bremse getreten, aber ich war fertig. Darum gab es dort angekommen, erstmal ganz lecker Cornetto e Espresso und ein Gelati Granita hinterher. 

Nach dem leckeren Frühstück traf ich eine ganz dumme Entscheidung. Während ich so dasaß und ein wenig die Karte studierte, merkte ich: Westlich der Stadt führt der “Gordano-San Carlo-Radweg” weiter bis nach Corleone und genau da wollte ich ja hin. Radwege sind zwar besser als Hauptstraßen, aber dass eben dieser Radweg, mich am Tag zuvor, in eine Sackgasse geführt hat, winkte ich ab. Einmal ist ja keinmal!

Als ich schließlich aus der Ortschaft hinaus und Richtung Radweg blickte, erblickten meine Augen ein tiefes Tal, an dessen Grund der Radweg verlief. Immer noch nicht schlauer, fuhr ich voller Freude knapp 200 Höhenmeter, mit einem Affenzahn bei über 20% Gefälle herunter.
Unten angekommen wich meiner Freude schon Misstrauen, da der sogenannte Radweg, nichts weiter als ein ausgetrockneter Lehmpfad war, der durch völlig vertrocknete Felder führte. Nachdem der Weg alle hundert Meter immer schlechter wurde, kam ich nach gut fünf Kilometern an sein Ende. Ein Weg selbst bog nach links ab auf eine Pferdekoppel, die ich zu Fuß unter kritischen Augen der Pferde nach einem Ausgang auf der anderen Seite durchsuchte. Aber da war nichts!


Nicht aufgebend, schaute ich dort nach, wo der ehemalige Radweg durch die Büsche geradeaus ging. Auf den ersten Blick sah es so aus, als käme ich durch und so schnappte ich mir sogleich den Drahtesel und drückte uns beide durch, nur um nach 150m Gebüsch festzustellen: Hier ist Ende und ich muss zurück. Natürlich perforierte ich beim Weg durch den Busch meine Wasserblase und mein Campingstuhl blieb an einem Ast hängen, was ich beides erst viel später bemerken sollte. 

Mit etwas Glück im Unglück, musste ich nicht den ganzen Weg zurück. Nach ungefähr 2 Kilometern konnte ich mein Rad über ein abgesperrtes Tor heben und schleichend bis zu einer Landstraße in der Nähe schieben, wo ich natürlich ebenfalls über ein Tor drüber musste.

Kurz vor Corleone machte ich noch eine Pause, ich hatte Durst und wollte mich hinsetzen. Dort stellte ich natürlich fest, dass ich weder Wasser noch einen Stuhl hatte. Also fuhr ich entnervt weiter.

In Corleone angekommen wollte ich erstmal etwas Festes essen, so dass ich in einer kleinen gemütlichen Trattoria einkehrte und richtig lecker, sowie auch günstig gegessen habe. Die eigentlich geplante Sightseeing Tour durch Corleone ließ ich aber ausfallen. Irgendwie war mir nicht danach, sagte mein Bauchgefühl. 

Auf dem Weg aus der Stadt der Mafiosi hinaus, sah ich auch schon dichte Rauchschwaden in der Ferne aufsteigen. Als ich langsam immer näher kam und den Straßenverlauf in Augenschein nehmen konnte, wurde mir klar, dass mein Weg mitten durch führte. 
So näherte ich mich nach und nach den Rauchschwaden und hoffte inbrünstig, dass die Straße verschont blieb. Schon wieder umdrehen wollte ich einfach nicht.


Ich hatte aber Glück. Zwar war das Feuer wirklich genau auf meinem Weg, aber die Feuerwehr war schon da, und die Straße war nicht gesperrt. Als ich dabei ein paar Bilder machte, wurde mir erst einmal gewahr, wie gefährlich so ein Strohfeuer ist. Innerhalb kürzester Zeit kann Feuer wirklich extreme Distanzen zurücklegen, Darum fuhr ich auch gleich weiter zur Feuerwehr und machte in deren Schutzkreis noch ein paar weitere Bilder. 

Auf den letzten Kilometern des Tages fuhr ich noch an ein paar schönen Berggipfeln vorbei, und das letzte Ziel des Tages sollte das Ufer des Lago della Scanzano sein, was nur zur Hälfte funktionierte. Löschhubschrauber flogen den See im Akkord an, so machte ich es mir auf gleicher Höhe, aber in einem Waldstück an der Straße bequem. Dort verzog ich mich, aufgrund des aufkommenden Summens kleiner fieser Stechmücken, auch direkt ins Zelt.