Was mich in Italien gleich bei der Ankunft erwartet hatte, war noch mehr Hitze als in Albanien, gemischt mit einer extremen Trockenheit.
Angekommen in Bari, wollte ich erst mal albanisches Geld in Euro wechseln, aber selbst in der „Grenzstadt“ fand ich keine Money Exchange Station, oder Bank, die albanische Lek wechselt. So ging es leicht frustriert weiter Richtung Inland.
Was gleich aufgefallen ist, sind die Monokulturen von Olivenbäumen, die durchgehend die eigentlich schöne Landschaft sehr trist machen. Aber daran werde ich mich gewöhnen müssen. Dafür blüht überall der Oleander an den Straßenrändern, was aber mit der Zeit ebenfalls eintönig wird.
Am zweiten Tag ging es dann langsam ins bergige Gelände, auf das ich bei Temperaturen über 40C° wirklich keine Lust hatte. Nur gab es dabei ein großes Problem, dass die Städte und Dörfer meist auf den Bergen sind und nicht wie bei uns in den Tälern. Also hieß es, um einzukaufen zu können, jedes mal 200 Höhenmeter oder mehr hoch zu trampeln. Dafür waren die alten Ortschaften mit ihren kleinen, verwinkelten Gassen wirklich schön.
So kommen wir zum nächsten Problem, das mich erwartet hat. Da mir der kürzeste Weg über die Berge bei dem Wetter zu anstrengend war wollte ich sogleich Richtung Meer fahren, um an der Küste entlang weiter zu fahren.
Kurz vor Bermalda ging es auf der Straße für mich plötzlich nicht mehr weiter. Die Landstraße wurde plötzlich zur Kraftfahrstraße, auf der Radfahrer verboten sind und es auch wirklich viel zu eng war, um mich da mit dazu zu quetschen. Es gab auch keine direkte Alternative und das einzige, was das Navi fand, war den ganzen Weg wieder zurück zu fahren.
So bestand der restliche Tag daraus, mehrere Trampelpfade auszuprobieren, bis ich einen gefunden hatte, bei dem ich nicht komplett zurück und auf den Berg musste. Da dort auch gleich ein schöner, idyllischer Platz war fürs Zelt, bin ich auch gleich dort geblieben und ließ mich nachts von unendlichen Moskitos, außerhalb vom Zelt, in den Schlaf summen.
So waren die ersten Tage in Italien wirklich anstrengend. Körperlich, wie mental, da auch nichts wirklich interessantes passiert ist. Aber ich hoffte auf Besserung und als kleines Foreshadowing, es wird erstmal nicht besser…
Am nächsten Morgen ging es dann auf der anderen Seite des Tals wieder weiter Richtung Küste, um an eben dieser entlang zu fahren. Ebenso wie zuvor, hat mir Italien da einen Strich durch die Rechnung gemacht – Da derzeit eine neue Autobahn gebaut wird und es bis dato keine gibt, muss einfach die eigentliche Landstraße dafür herhalten. Also ist wieder Radfahren verboten!
Am Anfang konnte ich dort noch den Servicestraßen entlang fahren, musste ab und zu aber ein paar Abschnitte, an denen diese Straßen nicht weiter führten, durch Trampelpfade schieben, oder einige Umwege in Kauf nehmen, bis hin zu 50km, für effektiv 5km Strecke.
Das ganz große Übel erwartete mich aber auf der Strecke zwischen Montegiordano Marina, bis nach Marina Rosteo Capo Spulico. Mitten auf der Strecke, ohne Vorwarnung, war plötzlich die Straße komplett gesperrt und die einzige direkte Alternative ging über die Autobahn.
Es half also nichts, ich musste den Umweg über Montegiordano und Oriolo machen. Dieses Mal zwar nur 40km Umweg, dafür aber mit über 800 Höhenmetern. Die Stimmung war erstmal am Nullpunkt – So hatte ich mir Italien nicht vorgestellt.
Dazu aber erst am nächsten Tag, schließlich war es schon nach drei. Glücklicherweise war hier ein nicht touristischer Strand, wo nur Einheimische waren und auch ihre Zelte aufgeschlagen haben, so dass ich es ihnen gleich getan habe und auch zum ersten Mal ins Meer gesprungen bin.
Nachdem ich mich noch mit einigen Leuten unterhalten habe, wurde mir noch eine leckere Galiamelone geschenkt, was meine Laune doch wieder etwas gesteigert hat.
Am nächsten Morgen ging es dann auch schon ganz früh um fünf Uhr los, schließlich wollte ich die Mittagshitze so gut wie möglich vermeiden. Der Aufstieg war aber sehr knackig, mit ordentlichen Steigungen mit bis zu 20% so dass es nicht ganz geklappt hat.
In Montegiordano angekommen, war ich wirklich überrascht, wie schön das Dörfchen ist. Fast alle Häuser waren schön angemalt, eine wunderbare Aussicht aufs Meer und ausschließlich typische, kleine, italienische Gässchen, und ich habe es wirklich bereut, nicht mehr Bilder gemacht zu haben.
Nach einem Kaffee ging es dann weiter bis nach Oriolo, wo ich bei der Abfahrt einen wirklich tollen Ausblick auf die Stadt und ihre Burg hatte.
Mittags bin ich schließlich in Trebisacce angekommen, wo ich erstmal Strand, Dusche und mal wieder zwei geschenkte Melonen genossen habe.
Am späten Nachmittag kam ich in Sibari, einem kleinen Städtchen an, wo ich von einem älteren Herrn auf Deutsch angesprochen und auch sogleich eingeladen wurde. Er wohnt schon seit 30 Jahren in Italien und lud mich zu Kaffee, Bier und Eiscreme ein. Als es schon langsam dunkel wurde, verabschiedete ich und fuhr auf dem direktesten Weg zur nächsten Pizzeria. Nicht die beste, aber die günstigste Pizza, die ich je gegessen habe.
Von dort aus ging es am nächsten morgen quer durchs Land zur Nordküste des Stiefels. Es wurde zwar etwas hügelig und es gab wieder einige Umwege, aber dann war ich auch schon in Pantana und genoss eine schöne Siesta am Strand.
Ich kann nicht genau sagen warum, aber ab dem Moment wo ich weiter gefahren bin, hatte ich keine Lust mehr, die Stimmung war am Tiefpunkt und ich quälte mich einfach nur noch weiter. Abends hatte ich sogar Glück, mit einem tollen Platz zum Campen, mit Duschen und einem netten italienischen Camper, der mich sogar zum Essen eingeladen hat, aber auch noch am nächsten Tag ging es mir nicht besser und ich stoppte schon mittags am Strand und baute mein Zeltlager auf, da mir einfach die Motivation fehlte weiter zu fahren.
Und so wie sie verflogen war, kam am nächsten Tag die gute Laune auch wieder zurück, ohne erkennbaren Grund und das sogar während einer quälenden Bergaufpassage, als zeitgleich ein altes Lied aus meiner Jugend, “Push – Universal Nation” aus der Box geschallt ist.
Den Berg hoch bis nach Palmi ist mir dann ein anderer Radfahrer mit leichtem Gepäck aufgefallen, der mich immer wieder überholt hat, ohne dass ich auch nur einmal an ihm vorbei gefahren bin. In der Stadt, als er wieder mal an mir vorbei gefahren ist, kamen wir dann auch mal ins Gespräch. Es war, wie so oft auf meiner Reise, mal wieder ein Österreicher, der ebenfalls eine Radtour, aber mit E-Bike macht. Sebastian hatte aber nicht nur eine andere Reisegeschwindigkeit wie ich, sondern war eher auf der Suche nach B&B oder Campingplätzen, so dass sich nach einem kurzen aber netten Gespräch unsere Wege wieder trennten.
Am Gipfel angekommen fing es schon langsam an zu dämmern und ich baute mein Zelt auf einem abgemähten Feld neben der Straße, hinter Buschwerk auf. Glücklicherweise las ich noch an einem Buch, da mir langsam ein immer stärkerer Geruch von Rauch in die Nase stieg. Da ich nur das Innenzelt aufgebaut hatte, konnte ich ohne Probleme herausschauen, sah aber nichts und las weiter. Der Geruch wurde aber immer strenger, sodass ich eine viertel Stunde später aus dem Zelt raus ging, um mir einen Überblick zu verschaffen. Das ganze Feld war von leichtem Rauch umhüllt und ich entschied mich, das Zelt doch abzubauen und sicherheitshalber weiter zu fahren.
Kaum saß ich wieder auf dem Rad und bin um die nächste Kurve gefahren, sind mir auch schon Flammen entgegen gekommen. Zwar war das Feuer noch nicht so groß, aber aufgrund des ganzen Strohs, der allgemeinen Trockenheit und der Tatsache, dass es nur 50m entfernt war, war ich doch froh weiter zu fahren.
Nach einer sehr unruhigen Nacht ging es am nächsten Morgen weiter. Kalabrien zeigte sich an diesem Tag noch einmal von seiner schönsten Seite, als es in Serpentinen wieder ans Meer hinunter ging, zu Bagnara Calabra. Noch schöner war das Städtchen Scilla, mit einer wunderschön verwinkelten Altstadt direkt am Meer.
In Villa San Giovanni wollte ich sogleich auf die Fähre, hatte aber gerade fast kein Geld mehr einstecken. Eigentlich sollte dies kein Problem sein, da es doch genügend Geldautomaten gibt, wären nicht alle zu dem Zeitpunkt ausgefallen. An allen Automaten der Stadt, sowie an den Schaltern der Banken, bildeten sich riesige Schlangen und an jeglichen Automaten, an dem ich ankam, war es immer das Gleiche – “Technical Error”.
In diesem Falle war ich dann so ungeduldig und habe schließlich meinen versteckten Notgroschen angegriffen. Diesen konnte der Mann am Ticketschalter aber nicht annehmen, da das Geldscheinprüfgerät den gefalteten Schein nicht annehmen wollte. Zum Glück konnte ich die 2€ dann mit der Kreditkarte bezahlen