Holpriger Start in der Türkei

Featured Image

Die Einreise in die Türkei begann zuerst einmal verstimmt. Nicht nur sprach der Grenzbeamte kein Wort Englisch – etwas, das man jemandem an der Grenze zu „Europa“ doch zutrauen könnte – sondern auch mein Versuch, in der Stadt Edirne einen Geldautomaten zu finden, der keine massiven Gebühren verlangt, scheiterte kläglich.

Zu diesem Zeitpunkt meiner Reise, bis nach Ankara, habe ich weniger Bilder geschossen. Irgendwie passte meine Stimmung nicht, und auch landschaftlich fühlte ich mich nicht besonders inspiriert. So ging es, meinen üblichen Gewohnheiten folgend, über kleine Landstraßen und Feldwege weiter Richtung Istanbul. Rückblickend war das vermutlich ein Fehler.

Die erste Nacht ging ich mal wieder hungrig ins Zelt. Nicht, dass ich nichts zu Essen oder Benzin zum Kochen dabei gehabt hätte, aber ein Schwarm Moskitos trieb mich ins Zelt. Zwischen Innen- und Außenzelt hatte sich so eine Menge angesammelt, dass ich mich bis zum nächsten Morgen nicht hinauswagte. Öffnete ich das Zelt, hätte ich vermutlich innerhalb von fünf Minuten an Blutarmut gelitten.

Am nächsten Morgen ging es dann, soweit wie möglich, auf der Landstraße D020 weiter. Ein stetes Auf und Ab, ohne Aussicht, die die Anstrengung belohnt hätte, und viele Streckenabschnitte, die gefühlt nur industriell genutzt wurden. Vorwiegend LKWs transportierten Steine oder Zement. Zusammen mit der trockenen Hitze fühlte es sich an wie eine Fahrt durch einen Steinstaubnebel – wirklich unangenehm.

Trotzdem konnte ich hier schon die berühmte türkische Gastfreundschaft kennenlernen. Mehrfach wurde ich zum Tee oder Essen eingeladen, was mir anfangs etwas unangenehm war.


Ab Catalca ging es bis kurz vor Istanbul auf einem Feldweg weiter. Zum ersten Mal hatte ich auch eine Aussicht auf die Skyline, doch nach einigen Kilometern gab es ein Problem: Die Unterführung unter den Bahnschienen stand völlig unter Wasser. Auf den ersten Blick schien sie nur knöcheltief zu sein, doch beim Versuch, durchzufahren, erreichte das Wasser beinahe meinen Hintern. Meine Sporttasche am Gepäckträger fing bereits an zu schwimmen. Glücklicherweise konnte ich noch verhindern, umzukippen. Trotzdem waren meine wasserdichten Taschen für solche Unterwasseraktionen nicht ausgelegt. Klamotten, Essen, Werkzeug und Campingausrüstung bekamen Wasser ab, nur die technische Ausrüstung blieb trocken. Daher stoppte ich nur wenige Kilometer später in Bahsayis, um alles zum Trocknen auszulegen – ohne zu merken, dass ich mein Zelt auf einem ausrangierten Friedhof aufgeschlagen hatte.

Mit getrockneten Sachen stand für den nächsten Tag das Agora Hostel in Istanbul auf dem Plan. Ich wollte eigentlich schon mittags dort ankommen, unterschätzte aber Hitze, Verkehr und die vielen Höhenmeter.

Auch in einer Großstadt wie Istanbul zeigt sich die Gastfreundschaft. Zuerst fiel es mir an einer Tankstelle auf, als ich nach einem Aufstieg erschöpft meine Frühstückspause machte. Ein Mitarbeiter aus dem Büro der Tankstelle reichte mir spontan einen großen Becher Tee. Kurz darauf bekam ich einen selbstgemachten Cupcake von einer türkischen Familie, die ebenfalls eine Pause machte, jedoch mit dem Auto.

Etwas später, während ich gerade in Bayrampasa unterwegs war und gegen Verkehr und Höhenmeter kämpfte, hielt mich plötzlich ein Rollerfahrer an und lud mich zu einem Tee ein. Im Café, in das wir gingen, hatte er selbst keine Zeit zu sitzen, musste sofort weiter – trotzdem kam ich ins Gespräch mit dem Betreiber des Cafés und bekam zusätzlich noch Essen geschenkt. Dabei wurde mir wieder bewusst, wie vorsichtig man mit ausländischen Wörtern sein muss: Als ich nach meinem Hostel fragte, nannte ich den Stadtteil Sirkeci. Ich sprach ihn falsch aus, was für Gelächter sorgte, da die Aussprache phonetisch einem Schimpfwort sehr nahekommt.

Mit vollem Magen kam ich schließlich am späten Nachmittag im Hostel an. Ich fiel sofort ins Bett und verlängerte spontan meinen Aufenthalt um einen Tag.

Am nächsten Morgen, nach einem leckeren Frühstück, machte ich eine kleine Wanderung durch das Viertel rund um das Hostel. Mein Ziel war es, Ersatzteile für mein Fahrrad zu finden. Leider hatte ich in diesem Stadtteil kein Glück. Einige Radläden gab es zwar, originale Shimano-Teile waren jedoch entweder nicht vorhanden oder passten nicht, und Magura war hier ein Fremdwort. Immerhin war die Stadt schön anzuschauen und das Hostel lag nah an Sehenswürdigkeiten wie der Sultan-Ahmet-Moschee und der Hagia-Sophia.

Abends wollte ich mir gutes Essen in einem Restaurant gönnen – und wurde enttäuscht. Tolle große Portionen, aber so gut wie kein Geschmack. Ich war froh, am nächsten Morgen Istanbul wieder den Rücken zu kehren.